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Hochwasser: Uri ist besser gewappnet denn je

21. August 2015
Vor genau zehn Jahren suchte ein verheerendes Unwetter den Kanton Uri heim. Als Folge davon legte der Kanton das grösste Hochwasserschutzprogramm seiner Geschichte auf. Heute ist der Urner Talboden vor Hochwasser so gut geschützt wie noch nie.
Vom 20. bis am 23. August 2005 gingen aussergewöhnlich heftige Regenfälle über dem Kanton Uri nieder. Die drei am stärksten betroffenen Gebiete waren das Maderanertal, das Schächental und das Isental. Die Summe der Niederschläge betrug 225 mm in Bristen, 281 mm in Unterschächen und 224 mm in Isenthal. Als Folge davon stiegen die Pegelstände von Reuss, Schächen, Alpbach, Chärstelenbach, Grosstalerbach und anderen Bächen zum Teil sprunghaft an; vielerorts gingen teils gewaltige Murgänge nieder. Besonders dramatisch entwickelte sich die Lage am Schächen. Der Bach brach sich neue Bahnen, tiefte sich ein, beschädigte Ufermauern und Sperren, übersaarte Land und riss ungeheure Mengen an Geschiebe mit.

Verheerende Schäden

Die Reuss war zusehends nicht mehr in der Lage, das Geschiebe des Schächens aufzunehmen und weiterzuführen. So entstand im Schächenkanal, vor der Einmündung in die Reuss, eine Auflandung, die rasch bachaufwärts anwuchs. Aus Sicherheitsgründen mussten sich die aufgebotenen Einsatzkräfte zurückziehen, und in den ersten Morgenstunden des 23. August 2005 überschwemmte der Schächen das mündungsnahe Gebiet. Auf der südlichen Seite der Mündung schoss der Bach direkt in die Böschung der Autobahn; er zerstörte diese auf einer Länge von 50 Metern und schleuderte viel Geschiebe in die Stille Reuss, die den Schächen in einer Unterführung quert. Die Unterquerung verstopfte sich; bald danach floss nicht nur die Stille Reuss, sondern auch der Schächen vollständig auf die Schattdorfer Seite. Es bildete sich der sogenannte Schattdorfersee. Er erreichte am Nachmittag des 24. Augusts 2005 mit einer Fläche von 152 Hektaren seine grösste Ausdehnung.

Im Lebensnerv getroffen

Der Schock sass tief. Menschenleben kostete das Unwetter glücklicherweise nicht, doch Uri war im Lebensnerv getroffen. Das Industriegebiet Schattdorf lag metertief im Wasser und Schlamm. Arbeitsplätze, Lagerhallen, Produktionsstätten wurden über Nacht zerstört. Rund 200 Betriebe mit 3000 Mitarbeitenden – also jeder fünfte Arbeitsplatz im Kanton Uri – wurden in Mitleidenschaft gezogen. Wichtige Verkehrsverbindungen waren kaputt oder unterbrochen; ganze Landstriche und zahlreiche Liegenschaften waren verwüstet. In Hinterbristen, einem weiteren Hauptschadensplatz, hatte der Chärstelenbach den Weiler im Reussgrund in eine einzige Steinwüste verwandelt. Schnell standen über 1000 Hilfskräfte im Einsatz. Allein Feuerwehren, Armee und Zivilschutz leisteten bis Ende September 2005 rund 12’500 Manntage. Im gleichen Zeitraum setzte der Kanton rund 25 Millionen Franken für Aufräumarbeiten und Sofortmassnahmen ein. Die Schadensumme belief sich insgesamt auf 365 Millionen Franken.

Schutzprogramm aufgelegt

Der August 2005 führte den Urnerinnen und Urnern deutlich vor Augen, dass im Hochwasserschutz noch immer Lücken klafften – trotz den grossen Anstrengungen, die in den Jahrzehnten zuvor bereits gemacht worden waren. Nach dem Unwetter setzte der Regierungrat ein deutliches Zeichen und reagierte schnell: Der Kanton Uri lancierte daher ein neues Hochwasserschutzprogramm mit Gesamtkosten von rund 160 Millionen Franken. Das neue Programm hatte folgende drei Ziele: (1) Besiedelte Gebiete in Uri sind in der Regel gegen ein 100-jährliches Hochwasser geschützt; (2) geeignete Vorkehrungen begrenzen das Ausmass der Schäden bei noch grösseren Ereignissen; (3) die sensiblen Industriegebiete im Urner Talboden sind sicher vor einem 300-jährlichen Hochwasser (also einem Hochwasser, das statistisch gesehen nur einmal in 300 Jahren eintritt).

Massnahmen im ganzen Kanton Uri getroffen

Das neue Hochwasserschutzprogramm erstreckt sich über das gesamte Kantonsgebiet. Das grösste Hochwasserschutzprojekt liegt im Urner Talboden und umfasst den Schächen (ab Stiglisbrücke), die Stille Reuss und die Reuss zwischen Erstfeld und Attinghausen. Die Massnahmen im Einzugsgebiet des Schächens dienten dazu, die Funktionstüchtigkeit der vorhandenen Schutzbauten zu erhalten und den Geschiebeanfall im Unterlauf zu vermindern. An der Reuss und der Stillen Reuss wurden die Abflusskapazitäten stark erhöht. Künftig kann der Schächen den Abfluss der Stillen Reuss nicht mehr unterbrechen, womit die sensitiven Gebiete in Schattdorf, Bürglen und Altdorf wirkungsvoll geschützt sind. Im Überlastfall ist der überflutete Bereich zudem fest begrenzt. Zudem sind am Chärstelenbach in Bristen wichtige Hochwasserschutzmassnahmen getroffen worden, die künftig Schäden am Siedlungsgebiet vorbeugen werden.

Sicherheit der Bevölkerung verbessert

Die baulichen Aktivitäten an den Urner Flüssen und Bächen sind augenfällig. Auch hinter den Kulissen hat sich einiges getan. Intensiv wurde an der Optimierung der Notfallorganisation gearbeitet. Die Aufgaben und Kompetenzen der lokalen Rettungskräfte, die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und kantonalen Fachstellen sowie die Organisation des Kantonalen Führungsstabs Uri (KAFUR) standen dabei im Zentrum. Wichtiges Element dafür ist das neu konzipierte «Meldeschema Naturereignisse», das fünf Gefahrenstufen und die entsprechenden Zuständigkeiten aufzeigt. Zudem ist während des ganzen Jahres ein 24-Stunden-Pikettdienst eingerichtet worden.

«Höchst wirksames Vorzeigeprojekt»

Heute, zehn Jahre nach dem verheerenden Unwetter vom August 2005, sind die Schutzmassnahmen im Urner Talboden wie auch im Urserental weitgehend vollendet. Von den 160 Mio Fr. sind 132 Mio. Franken bereits investiert (Stand Ende 2014). Nun folgen weitere Hochwasserschutzmassnahmen, unter anderen etwa am Gangbach Schattdorf, am Alpbach Erstfeld, am Palanggenbach Seedorf/Attinghausen sowie im Dorf Unterschächen. Diese sind voraussichtlich im Jahr 2019 abgeschlossen.
Erste Erfahrungen mit den grösseren Regenfällen der jüngsten Vergangenheit haben indes gezeigt, dass die realisierten Massnahmen die gewünschte Wirkung entfalten. «Dem Schutz der Menschen und der Infrastruktur vor den Naturgefahren kommt in einem Bergkanton wie Uri höchste Priorität zu», sagt der Urner Baudirektor, Regierungsrat Markus Züst. «Aus dem katastrophalen Ereignis vom August 2005 haben wir die richtigen Lehren gezogen. Mit dem jüngsten Hochwasserschutzprogramm hat Uri ein höchst wirksames und nachhaltiges Vorzeigeprojekt geschaffen.»
Schächenmündung 2013
10 Jahre nach dem Unwetterereignis präsentiert sich die Schächenmündung als Vorzeigeobjekt im Hochwasserschutzgebiet.

Zugehörige Objekte

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Die Schächenmündung nach Abschluss der Hochwasserschutzarbeiten im Jahr 2013 Download 0 Die Schächenmündung nach Abschluss der Hochwasserschutzarbeiten im Jahr 2013
Schadensbild an der Schächenmündung 2005 Download 1 Schadensbild an der Schächenmündung 2005
Der "Schattdorfer See" 2005 Download 2 Der "Schattdorfer See" 2005
Schadensbild in Bristen 2005 Download 3 Schadensbild in Bristen 2005
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