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Gemeindebefragung 2017 - Urner Gemeinden im nationalen Vergleich

4. Dezember 2017
In einer Studie im Auftrag des Regierungsrats des Kantons Uri wurden die Ergebnisse der 2017 schweizweit durchgeführten Gemeindebefragung für die politischen Gemeinden des Kantons Uri analysiert. Der Bericht basiert auf der Befragung aller Schweizer Gemeinden im Jahr 2017 durch die ZHAW School of Management and Law in Winterthur sowie durch das IDHEAP Lausanne. Projektleiter war Prof. Dr. Reto Steiner, Direktor der ZHAW School of Management and Law. 95 Prozent der Urner Gemeinden haben sich an der Befragung beteiligt.

Soweit Ergebnisse früherer Gemeindebefragungen vorliegen und die bisherigen Fragen erneut gestellt wurden, können Längsschnittvergleiche und Trends aufgezeigt werden. Da es sich bei der Gemeindeschreiberbefragung um eine nationale Befragung handelt, können die Ergebnisse der Urner Gemeinden zudem in einen schweizweiten Vergleich gestellt werden.

Gemeindestruktur im Kanton Uri

Der Kanton Uri gehört mit seinen 20 Einwohnergemeinden zu den Kantonen mit verhältnismässig wenigen Gemeinden. Lediglich sechs Kantone (BS, GL, AI, OW, NW und ZG) zählen weniger Gemeinden, einer (AR) gleich viele. Die Urner Gemeinden sind erheblich kleiner als der Schweizer Durchschnitt: Der Medianwert beträgt im Kanton Uri 772 Einwohnerinnen und Einwohner, in den Schweizer Gemeinden 1‘475.

Gemeindeautonomie

Die Mehrheit der Urner Gemeinden schätzt ihre Autonomie als gering bis mittelmässig ein. Aus Sicht der Gemeinden hat die Gemeindeautonomie gegenüber vor 10 Jahren deutlich abgenommen. Dabei handelt es sich um ein schweizweit zu beobachtendes Phänomen. So ist die wahrgenommene Autonomie im nationalen Vergleich gleichwohl überdurchschnittlich.

Urner Gemeinden stossen vermehrt an Leistungsgrenzen

Die Leistungsfähigkeit der Urner Gemeinden unterscheidet sich nach Aufgabenbereich. Den höchsten Problemdruck verspüren die Urner Gemeinden bei der Gemeindeexekutive, beim Landschafts- und Ortsbildschutz, bei der Raum- und Zonenplanung, bei der Bewilligung von Baugesuchen sowie bei der Gemeindeverwaltung. In diesen Bereichen gibt mindestens ein Drittel der Gemeinden an, an ihre Leistungsgrenzen zu stossen oder diese bereits überschritten zu haben.
Zwischen 2005 und 2009 hat die Leistungsfähigkeit der Urner Gemeinden gemäss Eigeneinschätzung zu-, im Jahr 2017 jedoch wieder abgenommen. Während Verbesserungen insbesondere bei der Bildung, der Sozialhilfe, der Spitex, der Jugendarbeit sowie beim Abwasser bzw. der Kanalisation erzielt werden konnten, stossen vor allem bei der Bewilligung von Baugesuchen, bei der Raum- und Zonenplanung sowie beim Landschafts- und Ortsbildschutz deutlich mehr Gemeinden an ihre Leistungsgrenzen. Im nationalen Vergleich stossen die Urner Gemeinden geringfügig häufiger an Leistungsgrenzen als die Schweizer Vergleichsgemeinden.

Interesse an der Gemeindepolitik und Bürgerbeteiligungsformen

Nach Einschätzung der Gemeindeschreiber zeigen die Bürgerinnen und Bürger ein mittelgrosses Interesse an der Gemeindepolitik. Sie liegen damit im nationalen Vergleich im Schnitt. Durchschnittlich besuchen 62 Stimmberechtigte eine Gemeindeversammlung. Bei den Formen der Bürgerbeteiligung, welche die Gemeinden von sich aus anbieten, haben sich Informationsanlässe als Standard durchgesetzt. Auch runde Tische und Bevölkerungsbefragungen sind verbreitet.

Ehrenamtlichkeit in den Gemeindeexekutiven stark verbreitet, Entschädigungsniveau unterdurchschnittlich

Im Vergleich zu allen Schweizer Gemeinden sind die Gemeindeexekutiven im Kanton Uri mit 6.3 Sitzen überdurchschnittlich gross. Knapp ein Drittel der Exekutivmitglieder sind Frauen. Die Urner Exekutivmitglieder sind grossmehrheitlich ehrenamtlich tätig. Im Vergleich zu den Schweizer Gemeinden ist deren Anteil im Kanton Uri deutlich höher, dafür sind weniger Exekutivmitglieder angestellt.
Das generelle Entschädigungsniveau im Kanton Uri liegt deutlich unter demjenigen der Schweizer Gemeinden. Der Medienwert für die Entschädigung der gesamten Exekutive liegt in den Urner Gemeinden bei CHF 40'000, schweizweit sind es CHF 90'000. Abhängig von der Gemeindegrösse ergeben sich jedoch beachtliche Unterschiede. Drei von fünf Urner Gemeinden bekunden Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von qualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten für vakante Sitze in den Exekutiven. Im Vergleich zu den Schweizer Gemeinden ist dieser Anteil erhöht.

Ansteigender Personalbedarf der Gemeindeverwaltungen

Die Kernverwaltung einer durchschnittlichen Urner Gemeinde hat 4 Angestellte. Dieser Medianwert liegt leicht tiefer als der schweizweite Durchschnitt. In mehr als der Hälfte der Gemeinden hat der Personalbestand der Kernverwaltung in den letzten zehn Jahren zugenommen, in einem Drittel ist er unverändert geblieben. Schweizweit ist in einem überdurchschnittlichen Ausmass ein Ausbau der Kernverwaltungen zu beobachten.

Gemeindeführungsmodell mit Ressorts

Die grosse Mehrheit der Urner – wie auch der Schweizer – Gemeindeexekutiven ist nach einem Ressort- resp. Departementssystem organisiert. Zu den Führungsaufgaben des Gemeindepräsidenten gehört in den meisten Urner Gemeinden die inhaltliche Leitung eines Ressorts. Ebenfalls stark verbreitet ist, dass der Gemeindepräsident ausgewählte Geschäfte ausserhalb seines Ressorts inhaltlich leitet und den Gemeindeschreiber als Linienvorgesetzter führt. In mehr als der Hälfte der Urner Gemeinden ist der Gemeindeschreiber als Geschäftsführer für die operative Leitung der Gemeindeverwaltung zuständig, gut ein Fünftel der Gemeindeverwaltungen wird durch die Gemeindepräsidentin bzw. den Gemeindepräsidenten operativ geleitet.

Reformen in Politik und Verwaltung: viele einzelne Massnahmen

In den Gemeinden im Kanton Uri wurden keine umfassenden Projekte unter dem Label New Public Management (NPM) oder Wirkungsorientierte Verwaltungsführung (WOV) durchgeführt. Allerdings haben viele Gemeinden einzelne betriebliche Massnahmen umgesetzt. Die in den Urner Gemeinden am häufigsten eingeführten Instrumente sind die Bereitstellung von Gemeindeleistungen über das Internet, das Controlling, die Übertragung von Aufgaben an Dritte, der integrierte Aufgaben- und Finanzplan sowie Evaluationen. In den Urner Gemeinden sind dafür Produktdefinitionen und Globalbudgets kein Thema.

IKZ zunehmend oder stabil

Die Hälfte der Urner Gemeinden gibt an, dass die interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) im Zeitraum 2012 – 2017 zugenommen hat; in den anderen Gemeinden ist sie gleichgeblieben. Am stärksten verbreitet ist die IKZ in den Aufgabenbereichen Sozialhilfe, Alters- und Pflegeheime, Abfall bzw. Entsorgung, Unterstützung und Betreuung von älteren Personen sowie Informatik. In diesen Bereich arbeiten mehr als die Hälfte oder sogar alle Urner Gemeinden mit anderen Gemeinden zusammen. Ebenfalls relativ häufig sind IKZ-Lösungen bei der Energieversorgung und in der Bildung – immerhin noch mehr als ein Drittel der Urner Gemeinden kooperiert hierbei mit Nachbargemeinden. Über alle Bereiche hinweg gesehen kooperieren die Urner Gemeinden deutlich seltener als die Gesamtheit der Schweizer Gemeinden, jedoch gibt es zwischen den einzelnen Aufgabenbereichen beträchtliche Unterschiede.

Keine Gemeindefusionen

Die Gemeindestruktur ist im Kanton Uri seit langer Zeit ausserordentlich stabil und es fanden keine Gemeindefusionen wie in anderen Kantonen statt. Dennoch sind Gemeindefusionen kein grundsätzliches Tabu: So wurde zwischen 2010 und 2017 in einem Drittel der Urner Gemeinden über einen möglichen Zusammenschluss mit einer oder mehreren Nachbargemeinden diskutiert. Die Urner Gemeinden wünschen sich vom Kanton bei Fusionen in erster Linie eine beratende und unterstützende Funktion, und zwar auf Wunsch der Gemeinde hin. Gut zwei von fünf Gemeinden sprechen sich für finanzielle Anreize bei Gemeindezusammenschlüssen aus.

Rege Inanspruchnahme von externen Beratungsleistungen

Fast vier von fünf Urner Gemeinden haben im Zeitraum von 2012 – 2017 Leistungen von Beratungsunternehmen, Forschungsinstituten oder anderen Experten in Anspruch genommen. Damit sind externe Beratungsleistungen auf Gemeindeebene im Kanton Uri stärker verbreitet als in den Schweizer Vergleichsgemeinden. Am häufigsten wird Beratungswissen für Verwaltungsaufgaben, IT-Leistungen sowie das Abklären bzw. Umsetzen von IKZ-Projekten in Form von temporärer personeller Unterstützung sowie bei verwaltungsinternen Reorganisationen angefordert.

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