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Medienmitteilung der Staatspolitischen Kommission zum Bericht und Antrag an den Landrat vom 30. März 2015 in Sachen Untersuchung zu den Vorwürfen zur Verletzung der Ausstandspflicht im Strafverfahren Ignaz Walker

15. April 2015
Dem Urner Regierungsrat wird empfohlen, Massnahmen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Polizei zu ergreifen.
Die Staatspolitische Kommission des Urner Landrats (Stako) kommt in ihrem Untersuchungsbericht zum Schluss, dass es der Regierungsrat versäumt hat, die Ausstandspflicht eines Polizeibeamten während des Ermittlungs- und Untersuchungsverfahrens zu klären.
Die Stako empfiehlt dem Regierungsrat deshalb, Massnahmen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Polizei zu ergreifen. Der Regierungsrat hat der Stako bis zum 31. Mai 2015 über die ergriffenen Massnahmen zu berichten.

Ausgangslage

Während der Rechtshängigkeit des Strafverfahrens gegen Ignaz Walker vor dem Bundesgericht sind in den Medien gravierende Vorwürfe gegen die Strafunter-suchungsbehörden erhoben worden. In der Kritik steht insbesondere die Kantonspolizei Uri wegen Verletzung von Ausstandspflichten.
Das Bundesgericht hiess am 10. Dezember 2014 die Beschwerde von Ignaz Walker gegen seine Verurteilung wegen versuchten Mordes und weiterer Delikte durch das Obergericht des Kantons Uri teilweise gut. Der Beschuldigte hatte geltend gemacht, dass ihm der ermittelnde Polizeibeamte noch wenige Monate vor der Tat in einem Strafverfahren als Beschuldigter gegenüber gestanden sei. Aufgrund seiner Befangenheit wäre der Polizeibeamte deshalb ausstandspflichtig gewesen. Das Bundesgericht liess offen, ob der Polizeibeamte befangen gewesen sei und welche Auswirkungen dies auf die Verwertbarkeit des von ihm sichergestellten Beweismaterials gehabt hätte. Denn die auf einer Patronenhülse gefundene DNA-Spur des Beschuldigten darf laut Bundesgericht nicht mehr als Indiz verwendet werden.
Damit bleibt die Frage der Gewährleistung der Unparteilichkeit der Polizei im Raum stehen.

Auftrag der Staatspolitischen Kommission

Die Unabhängigkeit von Polizei ist von grundlegender staatspolitischer Bedeutung für den Rechtsstaat. Da der Regierungsrat sich in seinen Stellungnahmen und Äusserungen an die Staatspolitische Kommission dezidiert gegen die Prüfung der Rechtmässigkeit des Handelns der Polizei durch eine unabhängige Stelle gewendet hat, ist die Staatspolitische Kommission im Rahmen ihrer Oberaufsicht gehalten gewesen, diese gravierenden Vorwürfe an die Strafuntersuchungsbehörden zu klären und die notwendige Transparenz zu schaffen. Es ist im öffentlichen Interesse, dass die behauptete Rechtsverletzung, die sich aufgrund der kleinräumigen Verhältnisse in Uri jederzeit wiederholen kann, geklärt wird.

Abklärungen

Nach dem Ereignis vom 4. Januar 2010 vor dem Nachtlokal in Erstfeld orientierte der ermittelnde Polizeibeamte seine Vorgesetzten über Äusserungen des Beschuldigten betreffend Befangenheit der Polizei und ersuchte, von der Spurensicherung entlastet zu werden. Er wurde jedoch angehalten, kriminaltechnische Tätigkeiten ohne persönlichen Kontakt zum Beschuldigten durchzuführen. Dies umfasste insbesondere auch den Abrieb mit einem Wattestab an einer sichergestellten Patronenhülse und der Versand des Wattestabs zwecks Auswertung an das Institut für Rechtsmedizin Zürich.
Der betroffene Polizeibeamte hat mit seinem Ausstandsgesuch an die Vorgesetzten zu Recht den Anschein der Befangenheit zu vermeiden versucht. Dem Gesuch wurde nur teilweise entsprochen. Seitens der Vorgesetzten und des Regierungsrats wurde verkannt, dass jegliche Ermittlungs- und Untersuchungstätigkeit - unabhängig davon, ob mit oder ohne persönlichen Kontakt zum Beschuldigten, - nur von unbefangenen Personen vorgenommen werden darf. Auch ist der Ausstand von Amtes wegen zu beachten, d.h. ein ausdrückliches Gesuch ist nicht erforderlich.
Seit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) sind Ausstandsgesuche von Polizeiangehörigen, die sich auf Art. 56 Bst. f StPO stützen, auf dem Dienstweg der Staatsanwaltschaft zum Entscheid vorzulegen.
Nachdem der Regierungsrat sich seit November 2014 wiederholt gegen eine unabhängige Untersuchung der Ausstandspflichten ausgesprochen hatte, hat er sich nun eines Besseren besonnen und ein externes Audit in Auftrag gegeben. Die Staatspolitische Kommission begrüsst, dass der Regierungsrat die damaligen Ereignisse in Bezug auf die Ausstandsfrage klären und Lehren für die Zukunft ziehen will. Damit leistet er einer Empfehlung der Staatspolitischen Kommission Folge. Diese wird die Resultate des Audits und allfällige weitere Massnahmen prüfen. Zielsetzung ist die Schaffung von Transparenz, Gewährleistung von Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Polizei und damit Wiederherstellung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die staatlichen Behörden.
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