Inhaltsbereich

GEO-Tag der Natur am 1. Juli 2018 auf dem Urnerboden

14. Juni 2018

Wanzentanz, flotte Bienen oder doch lieber feurige Lilien? 100, 500 oder gar 1000? Diese Frage stellen sich am ersten Juli-Wochenende über sechzig Forscherinnen und Forscher, wenn sie frühmorgens bis spätabends den Urnerboden nach möglichst vielen Tier- und Pflanzenarten absuchen. Sie tun dies im Rahmen des internationalen GEO-Tags der Natur, welcher sich nun zum zwanzigsten Male jährt. Die interessierte Bevölkerung ist herzlich eingeladen, den Arten-«Detektiven» über die Schultern zu schauen, zu staunen und auf der grössten Schweizer Alp Unglaubliches über die Natur zu erfahren.


Der GEO-Tag der Natur ist die wohl imposanteste Feldforschungsaktion Europas. Zeitgleich wird in verschiedenen Gegenden von zig freiwilligen Experten stichprobenweise die biologische Vielfalt erhoben, ausgezählt und sichtbar gemacht. Eine Art Grossfahndung im Dienste der Natur. Angeregt wurde diese Aktion vor zwei Jahrzehnten von der Zeitschrift GEO, welche damit das Bewusstsein für die Biodiversität in unseren Breiten wecken will. Denn, so sagen die Initianten, nur was wir kennen und verstehen, werden wir auch achten und schützen. Am 1. Juli 2018 beteiligt sich erstmals auch der Kanton Uri zusammen mit vielen Sponsoren und Natur-Organisationen an dieser Bestandsaufnahme im Marathon-Stil.
Als Forschungsobjekt wurde mit Unterstützung der Korporation Uri und der Alpgenossen der Urnerboden auserkoren, welcher mit einem Reichtum an Lebensräumen aufwarten kann. Neben Alpweiden, Wald und Trockenwiesen finden sich Auenbereiche, Moore und Felsflächen: Dieses vielfältige Landschaftsmosaik ist Ergebnis einer jahrhundertelangen traditionellen Nutzung und heute vielleicht ein Segen für die Natur. Denn entsprechend kunterbunt dürfte das Artenspektrum sein, sind sich die für den Anlass gewonnenen Kenner von Spinnen, Flechten, Säugetieren, Vögeln, Pilzen, Quell-Lebensräumen, Moosen, Gefässpflanzen, Schmetterlingen, Libellen und Invertebraten einig.

Invertebraten? Es macht nichts, wenn Sie jetzt als Leserin oder Leser über diesen letzten Begriff gestolpert sind. Am GEO-Tag der Natur sind alle Besucher, ob gross oder klein, herzlich willkommen. Mitzubringen ist lediglich eine gute Portion Neugier. Alles Weitere erfährt man direkt an den verschiedenen Exkursionen der Fachleute, an der Ausstellung in der Turnhalle, in der Jungforscher-Feldwerkstatt für Kinder oder an den Informationsständen. Auf Du und Du zu sein mit den verschiedenen Forschern hoch oben auf dem Urnerboden verspricht ein Erlebnis der besonderen Art. Vielleicht wird eine neue Species entdeckt? Vielleicht werden Sie beim Älpler-Zmorge in der Alpkäserei mit Bekannten plötzlich darüber sinnieren, welche Alpspinne die schönsten Beine hat? Oder Sie selbst werden gar zum Fachmann, wenn es um die Frage geht, wer am Boden heimliche Blüten treibt?

Genau dieses Sich-Hereinziehen-Lassen ist wichtig für die Natur. Denn viele der 45‘000 - 65‘000 in der Schweiz vermuteten Arten sind akut bedroht und bereits im Begriff auszusterben, bevor man überhaupt richtig über sie Bescheid weiss. Zu wenige Menschen beschäftigen sich mit der biologischen Vielfalt, es mangelt an Kennern, die erfassen, was wo vorkommt und wie sich die Bestände entwickeln. Deswegen verschwinden Arten oft schleichend – und mit ihnen in einer «ökologischen Kettenreaktion» oftmals noch weitere Geschöpfe. Artenkenner können überprüfen, ob beispielsweise die Insektenvielfalt tatsächlich zurückgeht und ob dies Auswirkungen auf die insektenfressenden Vogelbestände hat. Sie können feststellen, welche Wasserlebewesen sich aus unseren Gefilden verabschieden und welche allenfalls neu dazugekommen sind. Daraus lassen sich Schlüsse für das ökologische Gleichgewicht ziehen. Dass es zu wenige dieser Spezialisten gibt, liegt wohl teils an der fehlenden Lobby schon während der Fachausbildung: «Blümchenzählerei», eingefangene Insekten sortieren oder artspezifischen Ultraschalltöne von Fledermäusen in der Nacht abhören ist aufwändig, mühsam und repetitiv. Oftmals sind die Fachleute auf Hobby-Forscher angewiesen, die im Hauptberuf ganz anderen Dingen nachgehen und sich in ihrer Freizeit mit Begeisterung einer Tierart oder einer Pflanzengruppe verschrieben haben.

Diese Begeisterung soll am GEO-Tag der Natur spürbar werden. Das ist die primäre Mission des Anlasses. Man soll ins Staunen kommen über die Pracht und Vielzahl an Pflanzen und Tieren auf dem Urnerboden, man soll sich daran erfreuen … und vielleicht auch ein bisschen nachdenklich werden. Denn laut einer repräsentativen Studie gehen breite Bevölkerungskreise in der Schweiz fälschlicherweise von einem guten Zustand der Biodiversität aus. Dass dem aber eben nicht so ist, hat gerade wieder der jüngste OECD-Umweltbericht klargemacht. Dieser stellt unserem Land in vielen Punkten zwar ein ausgezeichnetes, ausgerechnet in Sachen Erhaltung der Biodiversität jedoch ein bedenkliches Zeugnis aus. So scheint es mehr als gerechtfertigt, wenn an einem Ort, wo sich Mensch und Natur schon seit Jahrhunderten die Hand reichen, das Thema Biodiversität ins Zentrum gerückt wird. Lassen Sie sich auf den Urnerboden zu einer Begegnung mit feurigen Lilien oder flotten Wildbienen verführen! Der Anlass verspricht einen erlebnisreichen Tag inmitten gesömmerter Kühe, deren Treicheln zusammen mit dem wilden Fätschbach eine stimmungsvolle Musik liefern.

GEO-Tag der Natur in Urnerboden am Sonntag, den 1. Juli 2018, 9.00 bis 17.30 Uhr

Detailprogramm: 09.00 – 16.00 Uhr 18 verschiedene Exkursionen

9.00 – 11.30 Uhr Älpler-Zmorge (Buffet) in der Alpkäserei (Reservation obligatorisch bis Donnerstag, 28.6. unter Tel. 055 643 24 85 oder info@alpkaeserei-urnerboden.ch). Kosten: 22.– Fr. / Person bzw. 15.– / Kind (7–15 Jahre; bis 6 Jahre gratis)

9.00 – 17.30 Uhr Infopoint zum Anlass sowie Wildheuer- und Bienenstand
«Lebendiger Urnerboden» in der Turnhalle: Ausstellung mit Tier- und Pflanzenpräparaten, Fotos und Filmausschnitten sowie Bestimmungslabor der Experten
Jungforscher-Feldwerkstatt für Kinder

16.30 – 17.00 Uhr Schlussanlass und Forschungsergebnisse, anschliessend kleiner Apéro

Weitere Infos zum Programm und zur Anreise mit dem ÖV (Spezialfahrplan) finden sich unter www.uri.info/de/Top-Events/geotag-urnerboden-2018 Kontakt: oekoskop, Tel. 061 336 99 48 oder geotag@oekoskop.ch

Geo-Tag auf dem Urnerboden
Natur erleben am Geo-Tag auf dem Urnerboden. Foto: Michael Dipner, oekoskop

Zugehörige Objekte

Auf Social Media teilen